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Warum der kleine Leo ein Liegerad braucht

Achtjähriger Wirbelwind leidet an einem seltenen Gendefekt – Familie wünscht sich gemeinsame Ausflüge

Nassau. Leo ist ein wahrer Wusel. Der rotblonde Junge mit den Sommersprossen hält selten länger still. Schneller als man gucken kann, wechselt er den Standort, ist immer in Bewegung und am liebsten draußen. Das Problem: Der Achtjährige kann sich kaum selbst beschäftigen, und dass er seine wenige Häuser weiter wohnenden Cousinen und seinen Cousin ohne Begleitung besucht, ist undenkbar. Leos Möglichkeiten sind durch geistige und körperliche Beeinträchtigungen stark eingeschränkt. Ein Gendefekt bremst seine Entwicklung. Die Eltern Katja und Peter Hammerstein sind permanent gefordert. „Das geht an die Substanz“, sagen sie. „Leo steckt voller Energie. Selbst wenn er sich mal ausgepowert hat, braucht er nur ein paar Minuten Pause, um wieder Kraft zu schöpfen.“ Ihnen fehlt eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, die sie gemeinsam als Familie ausüben können, bei der Leo mithalten kann.

Der Wirbelwind hat erst mit dreieinhalb Jahren laufen gelernt und geht langsam und unsicher. An selbstständiges Radfahren ist gar nicht zu denken. Dabei sind er und seine Eltern so gern mit dem Fahrrad unterwegs. Doch aus seinem Kinderanhänger ist Leo seit vergangenem Jahr rausgewachsen und größere Modelle gibt es nicht. Zudem sind die Möglichkeiten mit Leos 30 Kilo und weiteren 15 Kilo für den Anhänger begrenzt. Damit kommt man nicht mal aus dem Nassauer Stadtkern bis zum Haus der Familie im ansteigenden Kaltbachtal. Die Hammersteins haben deshalb einen Traum: endlich wieder gemeinsame Radtourenunternehmen. Dabei soll ihnen ein speziell auf Leos Bedürfnisse abgestimmtes Tandem-Liegerad mit Elektromotor helfen, auf dem Leo vor einem Elternteil sitzen und mittreten kann.

Ein erster Test beim Händler war durchweg positiv. Die Initiative unserer Zeitung HELFT UNS LEBEN will die Anschaffung finanzieren, denn für die mehr als 7600 Euro kommt die Krankenkasse trotz Leos Pflegegrad 4 und einem Grad der Behinderung von 100 Prozent nicht auf. Und der Kaufpreis übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der Familie. Zumal das Liegerad-Tandem ein paar Extras benötigt, um Leo gerecht zu werden. Spezielle Schienen und Pedale sollen verhindern, dass seine Beine beim Treten auseinanderdriften und seine Knie Schaden nehmen. Ein Dreipunktgurt soll den Achtjährigen sicher auf dem Sitz halten.

Neue Horizonte soll der Familie ein Rad der Marke Hase eröffnen. Um sich fachkundig beraten zu lassen, waren die Hammersteins eigens zu einem Fachhändler ins hessische Trebur gefahren. Die gemeinsame Proberadtour wischte alle anfänglichen Zweifel, wie Leo auf das ungewohnte Rad reagieren würde, rasch vom Tisch. „Normalerweise lehnt er solche Dinge kategorisch ab“, sagt Leos Mutter, als Manuela Lewentz-Twer, die Vorsitzende des Vereins HELFT UNS LEBEN, und Geschäftsführer Hans Kary die Familie besuchen. Sichtlich erleichtert berichtet Katja Hammerstein von Leos spontaner Reaktion auf die Proberunde mit seinem Vater Peter. „Er hat gesagt: Noch mal!“ Das Radfahren ist eine gemeinsame Leidenschaft der Hammersteins, der sie sich in jüngster Zeit nicht mehr zusammen widmen konnten. Leo fährt zwar gelegentlich auf einem Reha-Rad, aber er kann aus eigener Kraft nur kurze Strecken zurücklegen, und ein Erwachsener muss stets eine Hand an der Schiebestange haben. Umso erfreuter sind Katja und Peter Hammerstein über den positiven Verlauf der Probefahrt. „Mir ist das Herz aufgegangen“, berichtet Mutter Katja.

Sportliche Betätigung und gemeinsame Familienausflüge erhoffen sich die Hammersteins vom Hase-Tandem, mit dem sie im Lahn- und Rheintal fahren möchten. „Dann radeln wir auch mal nach Bad Ems“, versprechen sie ihrem Sohn, der sich schon auf die Stadt mit dem Tunnel und dem Schwimmbad freut.

Foto: Leo und seine Eltern Katja und Peter Hammerstein freuen sich auf ein besonderes Fahrrad, das der Familie künftig wieder gemeinsame Touren ermöglichen soll. Die Initiative unserer Zeitung HELFT UNS LEBEN will die Anschaffung finanzieren. Vorsitzende Manuela Lewentz-Twer (rechts) und Geschäftsführer Hans Kary (Mitte) besuchten die in Nassau lebende Familie. Foto: Carlo Rosenkranz