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Sebastians Traum vom eigenen Auto

HELFT UNS LEBEN unterstützt den 17-Jährigen, der seit seiner Kindheit im Rollstuhl sitzt, mit 20.000 Euro

Berg. Als der Anruf kam, war Natascha Sommer ganz aus dem Häuschen: „Ich konnte es selbst kaum glauben, als wir die Zusage von HELFT UNS LEBEN bekommen haben. Das ist ein so wichtiger Schritt zu der Wunschsumme, die wir brauchen, um Sebastian seinen Traum zu ermöglichen.“ Denn auf dem Wunschzettel ihres 17-jährigen Sohnes aus Berg im Rhein-Lahn-Kreis stehen 80.000 Euro für den Führerschein und ein behindertengerechtes Auto.

Bereits seit einiger Zeit setzen Natascha und Stefan Sommer viele Hebel in Bewegung, um die Summe zusammenzubekommen. „Ich bin kein Mensch, der gern die Hand aufhält. Deshalb haben wir es bereits auf vielen Wegen versucht“, erzählt Natascha Sommer unserer Zeitung. Sie stellten in der gesamten Region Spendendosen auf, machten im Internet auf sich aufmerksam, stießen mit Freunden Spendenaktionen an. Im Sommer fuhr ein Freund mit dem Fahrrad 770 Kilometer in 41 Stunden von Spay am Rhein nach Spay sur Sarthe in Frankreich, um Spenden für Sebastian zu generieren. Das hatte auch Manuela Lewentz-Twer, Vorsitzende von HELFT UNS LEBEN, auf Instagram bemerkt und Kontakt mit der Familie aufgenommen.

Sebastian war nie kleinzukriegen

Nach einigen Nachrichten gab sich Natascha Sommer schließlich einen Ruck und füllte den Antrag an die Hilfsorganisation unserer Zeitung aus. „Da hat es gar nicht lang gedauert, bis wir die Zusage bekommen haben. Die Summe hat unseren Pott fast verdoppelt“, freut sich Sommer, „jetzt können wir wirklich konkret auf die Suche nach einem Fahrzeug gehen.“

Und dieses Fahrzeug gibt es nicht von der Stange. Denn Sebastian sitzt im Rollstuhl, und auch seine Arme und Hände sind aufgrund einer fortschreitenden Muskelschwäche beeinträchtigt. Schon früh wussten Sebastians Eltern, dass mit seinem Bewegungsapparat etwas nicht stimmt. „Er hat zwar laufen gelernt, aber nur sehr langsam und wackelig“, erinnert sich seine Mutter an die frühen Jahre. „Doch Sebastian war nicht kleinzukriegen. Er hat sich einfach mit Rutschen beholfen und wollte immer alles allein machen.“ Die Familie passte vieles an Sebastians Bedürfnisse an, baute für ihn ein Zimmer an das Erdgeschoss ihres Hauses an, auch die Terrasse und der Garten wurden barrierefrei angelegt – was für die Familie immer mit hohen Kosten verbunden war. „Die Krankenkasse übernimmt zwar einige Kosten, aber die Terrasse mussten wir zum Beispiel komplett selbst bezahlen. Die bräuchte Sebastian ja eigentlich nicht, hieß es damals“, berichtet dessen Mutter. Es sei immer ein Kampf um jeden Euro, deshalb versuche die Familie, möglichst viel selbst zu stemmen. Doch den Wunsch vom eigenen Auto konnten sie ihm bisher nicht erfüllen. Und der ist bis heute groß.

Sebastian lebt in Berg, einem 250-Seelen-Dorf im Taunus, sehr ländlich gelegen. „Hier wegzukommen, ist schwierig. Es fährt auch kein Bus“, erzählt Sebastian. Und sich einfach von Kumpels mitnehmen lassen – keine Chance mit dem Rolli. Jede Fahrt, ob in der Freizeit oder zur Schule, erledigen entweder seine Eltern oder ein Taxi. „Manchmal habe ich auch Freistunden und könnte gut nach Hause fahren, will aber meine Eltern nicht so einspannen.“ Deshalb will er jetzt selbst fahren. Dafür braucht er ein Auto, das an seine Bedürfnisse angepasst ist. Zum einen braucht es automatische Türen, eine elektrische Rampe und statt eines Fahrersitzes eine sogenannte Dockingstation, also eine Plattform, auf die er selbstständig mit dem Rolli fahren und dort einrasten kann. Diese muss jedoch auch mit dem Beifahrersitz tauschbar sein, damit Sebastians Eltern oder andere Fahrer das Auto auch bewegen können. Dazu kommen Joysticks, die das Lenkrad ersetzen, und eine umfangreiche Sprachsteuerung.

Das Auto gibt es nicht von der Stange

„Da ich nicht einfach irgendwelche Hebel bewegen kann, muss ich mit meiner Stimme Scheibenwischer, Blinker, Spiegel oder auch die Sonnenblenden bedienen können“, erklärt Sebastian. So ein Auto gibt es nicht von der Stange. „Wir haben auf einer Messe einen gebrauchten Caddy gefunden, der schon zum Teil umgebaut ist. Der wäre perfekt, müsste aber auch noch modifiziert werden“, sagt Natascha Sommer. Kostenpunkt: etwa 70.000 Euro oder mehr. Hinzu kommt der Führerschein, den Sebastian erst kürzlich erfolgreich absolviert hat. Die theoretische Prüfung hat er bereits Anfang Juli in einer gängigen Fahrschule in der Region abgelegt, in den Sommerferien folgte der erste Block des praktischen Unterrichts. Dieser fand in einer speziellen Fahrschule auf der Schwäbischen Alb statt, weil dort die Fahrzeuge entsprechend ausgestattet und die Fahrlehrer speziell geschult sind.

„Wir waren zwei Wochen zusammen in einer Pension, und Sebastian hat seine ersten Fahrstunden genommen, das war sehr aufregend“, berichtet die Mutter. Jetzt in den Herbstferien stand der nächste Block samt praktischer Prüfung an. Etwa doppelt so viel kostet so eine Fahrausbildung im Vergleich zu einer „normalen“ Fahrschule. Das lässt sich aus dem großen Pott für Sebastians Traum nun gut finanzieren, mit der Spende von HELFT UNS LEBEN liegen aktuell etwa 50.000 Euro drin. Natascha Sommer ist optimistisch: „Ein bisschen was fürs Auto fehlt uns noch. Aber wir bleiben dran.“