Lykershausen. Katja und Sara haben es nicht immer leicht. Aber Mutter und Tochter sind ein eingespieltes Team und meistern seit mehr als 20 Jahren ihr Schicksal, so gut es geht. Sara kann nicht gehen, ist auf den Rollstuhl angewiesen. Hinzu kommt ihre geistige Behinderung. Sie hat einen Entwicklungsstand, der einem Kind im Alter von fünf oder sechs Jahren entspricht und sich, so sagt ihre Mutter, vermutlich auch nicht mehr verbessern wird. Dass es im Haus der Familie Geulich im Dorf Lykershausen im Rhein-Lahn-Kreis trotzdem fröhlich zugeht, mag daran liegen, dass niemand mit dem Schicksal der ältesten Tochter hadert. Und daran, dass Sara so gern lacht – das macht oft alles leichter.
Als Katja Geulich mit Sara schwanger war, wurde sehr spät, in der 35. Woche, bemerkt, dass etwas nicht stimmt, dass das Kind nicht mehr wächst. „Die Ärzte stellten damals fest, dass Sara an Spina bifida litt. Das war ein ganz schöner Schock“, erinnert sich Katja Geulich, die damals selbst erst 18 Jahre alt war. „Aber ich habe sehr viel Hilfe von meiner Familie bekommen. Sara wurde ganz schön betüddelt“, lacht sie und hält die Hand ihrer großen Tochter.
Spina bifida ist eine seltene (etwa 1 von 1000 Kindern ist betroffen) angeborene Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks. Verschließt sich bei einem Fötus die Vorstufe der Wirbelsäule, das sogenannte Neuralrohr, in der dritten bis vierten Schwangerschaftswoche nicht vollständig, entsteht eine Spina bifida, auch Spaltwirbel genannt. Je nach Schweregrad der Fehlbildung sind die Kinder kaum oder aber sehr stark körperlich beeinträchtigt: Probleme beim Gehen bis hin zur Querschnittslähmung können die Folge sein. Oft tritt gemeinsam mit der Spina bifida ein Hydrozephalus auf, eine Ansammlung von Hirnwasser in den Hirnwasserkammern, verbunden mit einer Ableitungsstörung. Beides traf leider bei der kleinen Sara zu. Hinzu kam eine Epilepsie.
Vor wenigen Wochen bemerkte Katja eine Wesensveränderung bei ihrer Tochter Sara. „Sie war nicht mehr so fröhlich, sie war schweigsam und lustlos. Ich hatte so ein Gefühl, dass da etwas nicht stimmt.“ Glücklichweise blieb sie hartnäckig und suchte verschiedene Ärzte auf. Die Ableitung des Hirnwassers war blockiert, der Sehnerv beeinträchtigt. Es erfolgte ein operativer Eingriff. „Jetzt ist Sara wieder ganz die Alte und schwatzt wie ein Buch“, freut sich Katja.
Sara liebt ihre Arbeit in der Behindertenwerkstatt in St. Goarshausen (Rhein-Lahn-Kreis), zu der sie täglich abgeholt wird. Wenn sie zu Hause ist, dann hört sie gern Musik, spielt mit Lego oder ist einfach zusammen mit ihrer großen Familie, zu der natürlich noch Katjas Mann, Andreas Geulich, und die vier Schwestern im Alter zwischen 12 und 19 Jahren gehören. Ein richtiger Mädelhaushalt also.Wenn da nicht auch etliche „Baustellen“ wären, bei denen ein wenig Hilfe der Familie guttun würde. Baustellen im wahrsten Sinn des Wortes. Saras Zimmer befindet sich im Parterre des Hauses, das große Bad allerdings in der ersten Etage. Im Erdgeschoss gibt es nur eine kleine Gästetoilette mit Waschbecken. Katja muss ihre Tochter also immer die Treppe hinauftragen. „Und das ist inzwischen gar nicht mehr so einfach, denn sie kann mich dabei nicht unterstützen“, sagt sie.
Da eine Neuverteilung der Zimmer nicht möglich und der Anbau eines neuen Badezimmers ebenerdig und nur für Sara viel zu teuer ist, wäre der Familie mit einem Treppenlift sehr geholfen. Damit könnte Sara in den ersten Stock fahren – und vieles wäre leichter. Aber auch wenn es zum Einkaufen geht, wenn die Familie mal Ausflüge machen möchte – der uralte Passat vor der Tür ist für all dies nicht geeignet und für sieben – fast acht Personen – viel zu klein. Acht, weil da auch noch der heiß geliebte Hund ist, der viel Freude in Saras Leben bringt und immer gern dabei sein möchte. „Sara ist leider manchmal ein bisschen außen vor“, beschreibt Katja die Situation. „Trage ich sie ins Auto, fahre zu den Geschäften, trage und hebe sie dort wieder in den Rollstuhl und in den Laden? Oder fahre ich schnell allein. Es ist halt oft schwierig.“ Ein Auto, in dem alle Platz haben, in das Sara mit dem Rollstuhl über eine Rampe hineinrollen kann – das wäre schon ein Traum für die Familie Geulich. Für Sara, die im September übrigens ihren 22. Geburtstag feiert, würde es sehr vieles im täglichen Leben erleichtern und neue Möglichkeiten für die ganze Familie eröffnen.
Foto: Manuela Lewentz-Twer, Vorsitzende von HELFT UNS LEBEN, der Hilfsorganisation unserer Zeitung, und Hans Kary, Geschäftsführer, haben die Familie Geulich in Lykershausen jetzt besucht und kennengelernt. Vielleicht kann HELFT UNS LEBEN auch hier helfen und das Leben für Sara und ihre Familie ein wenig leichter machen. Sara Geulich hat es nicht leicht: Die älteste von fünf Töchtern ist seit der Geburt behindert und in der Folge unter anderem an den Rollstuhl gefesselt. Foto: Karin Kring