Straßenhaus. Kurz nach 2 Uhr morgens wird Caroline von Baltz aus dem Schlaf gerissen. Neben ihr schlummert friedlich ihre drei Monate alte Tochter Amilia – aber etwas stimmt nicht. Ein unruhiges Licht taucht das Schlafzimmer in glühendes Rot. Die junge Frau rennt ins Erdgeschoss, reißt die Haustür auf und sieht die alte Scheune in Flammen. Wenig später hat das Feuer eine vierköpfige Familie aus Straßenhaus (Kreis Neuwied) obdachlos gemacht.
Die Minuten bis dahin sind dramatisch: Nachdem sie das Feuer entdeckt hat, weckt die Frau ihre Familie, ruft die Feuerwehr, gibt die Adresse durch – als die Verbindung abbricht. Das Haus ist vom Strom abgeschnitten. Verzweifelt sucht die junge Frau im Dunkeln ihr Handy, erreicht erneut die Feuerwehr, rettet sich barfuß mit Baby auf die Straße. Gemeinsam mit ihrem Mann Julian Eisenhauer und dem zweijährigen Sohn Adrian findet sie Unterschlupf bei Nachbarn. Als Eisenhauer kaum eine Minute später versucht, die Autos wegzufahren, sind diese schon zu heiß, um sie anzufassen. Nachdem die Feuerwehr den Brand nach einem stundenlangen Einsatz gelöscht hat, waren die Wagen nur noch ausgebrannte Karossen.
“Es ist so unglaublich schnell gegangen“, murmelt Eisenhauer. Die Scheune ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt, das angrenzende Haus unbewohnbar. Von Baltz und Eisenhauer sind mit ihren Kindern wenige Tage nach dem Brand am 12. Dezember zu der Ruine ihres einstigen Zuhauses zurückgekehrt. Eisenhauer blickt auf die verkohlten Reste der Scheune. Es riecht nach verbranntem Holz. Ein ehemaliger Nachbar kommt hinzu. Es sei etwas Geld vom Straßenfest übrig, sagt er. Das sei für die junge Familie gedacht. Caroline von Baltz nickt dankbar. Ob sie sonst noch etwas bräuchten? Sachspenden? Von Baltz schüttelt den Kopf. „Wir gehen fast unter in Sachspenden“, sagt sie. „Es ist unglaublich, was wir an Nachbarschaftsliebe erfahren. Ich weiß gar nicht, wie wir das jemals wiedergutmachen können.“ Der Nachbar winkt ab. „Das ist gar nicht nötig.“
Doch die finanziellen Sorgen sind da. Zumindest für den vor wenigen Monaten gekauften Pick-up wird Eisenhauer keinen Cent sehen. „Der Pick-up ist nur haftpflichtversichert. Wer hat schon eine Kaskoversicherung für ein Nutzfahrzeug?“, fragt der Hausmeister und lacht freudlos. Wie ein Wunder kommt es den beiden vor, dass die meisten persönlichen Gegenstände das Feuer überstanden haben. Unklar ist, ob sie das Haus selbst werden retten können. Eine Kernsanierung wird mindestens nötig sein, bevor sie wieder einziehen können in das Anwesen, das sie sich in sieben Jahren harter Arbeit hergerichtet haben.
Als Julian Eisenhauer sein verbranntes Haus betritt, will sich Adrian von der draußen wartenden Mutter losreißen. Flehend ruft er nach dem Papa. Doch die Eltern wollen nicht, dass er sein altes Kinderzimmer sieht. Dort, wo früher Adrians Spielzeug verstreut lag, ist nur noch eine schmutzige Wasserlache. Der vollgesaugte Teppich verschwindet unter einer Rußschicht und einem großen Stoffpanda, mit dem nie wieder Kinder spielen werden. Nur die bunte Wandverzierung wirkt seltsam unberührt, fröhliche Waldtiere tollen auf einem Baum herum.
Der Familienvater streift durch das Haus, zwei Jahre hat er benötigt, um das Fachwerk unter einer Vertäfelung freizulegen. Alle Bäder sind frisch renoviert, den Kamin im Wohnzimmer hat der Handwerker vor nicht allzu langer Zeit fertiggestellt. Jetzt riecht die gesamte Wohnung wie ein Kamin, Decken sind eingestürzt. Die Einliegerwohnung zerstört. „Eigentlich waren wir gerade fertig und wollten uns nur noch um den Garten kümmern.“
Stattdessen müssen die vier jetzt bei Eisenhauers Eltern wohnen. Bald werden sie in ein voll möbliertes Häuschen einziehen. „Für einen Obolus für Wasser und Strom“, sagt Caroline von Baltz gerührt. Die Nachbarschaftshilfe in Straßenhaus funktioniert. Bis die Familie wieder in ihre eigenen vier Wände ziehen kann, dürften aber noch Jahre vergehen – je nachdem wann und in welchem Umfang die Versicherungen für den Schaden aufkommen. Die Ermittlungen zur Brandursache dauern unterdessen an. Einen technischen Defekt schließt die Polizei mittlerweile aus.
Mit einer Soforthilfe versucht HELFT UNS LEBEN, die Hilfsaktion unserer Zeitung, den Schicksalsschlag für die junge Familie ein wenig abzumildern. Spendenkonten sind bei der Verbandsgemeinde Rengsdorf eingerichtet. Wer spenden möchte, kann dies unter dem Verwendungszweck: „Brand in Jahrsfeld 12.12.2017“ tun. Quittungen werden nach Bedarf ausgestellt, dies sollte im Verwendungszweck angegeben werden. Die Bankverbindungen lauten: Sparkasse Neuwied, IBAN DE 23 5745 0120 0004 0008 40, BIC MALADE51NWD;Raiffeisenbank Neustadt, IBAN DE 60 5706 9238 0000 1024 53, BIC GENODED1ASN;Westerwald Bank eG, IBAN DE 62 5739 1800 0076 1584 01, BIC GENODE51WW1;Postbank Köln, IBAN DE 31 3701 0050 0028 1345 08, BIC PBNKDEFF.
Foto: Jahrelang haben sie ihr Zuhause aufgebaut, binnen Stunden hat ein Brand es zerstört: Julian Eisenhauer und Caroline von Baltz stehen mit ihren Kindern vor den Resten ihres Anwesens. Foto: Robin Brand