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Dausenau. Hunderte Kinder hat sie in ihr Haus, ihre Arme und ihr Herz aufgenommen: Tanja Lichius kann nicht anders. „Die Kinder sind mein Leben“, sagt sie. „Da gibt es nichts links und rechts davon.“ Mit ihrem Bruder Mike führt Lichius das Sozialpädagogische Haus Waldesruh in Dausenau (Rhein-Lahn-Kreis), eine Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung – genau so, wie ihre Eltern und Großeltern es schon taten.
„Ich bin praktisch hier aufgewachsen“, sagt Lichius. „Wie ich waren auch meine Eltern immer hier. Hier waren meine Freunde und mein Lebensmittelpunkt.“ Das hat sich bis heute nicht geändert. Und genau wie eine leibliche Mutter möchte Lichius ihren Kindern ein liebevolles, geschütztes, stärkendes und anregendes Umfeld bieten, das sie auf das Leben „da draußen“ vorbereitet. Doch finanziell stoßen die Geschwister immer wieder an Grenzen. Jetzt erreichte ihr Hilferuf HELFT UNS LEBEN, die Initiative unserer Zeitung für Menschen in Not.
Der Knackpunkt: Das Haus aus dem Jahr 1927 ist nicht barrierefrei und verfügt über keinen Aufzug. So musste vor einiger Zeit zum Beispiel ein Zwillingspärchen getrennt untergebracht werden, weil eines der Mädchen im Rollstuhl sitzt. Dieses Kind zog in eine Einrichtung für Erwachsene mit Körperbehinderung, das andere in die Waldesruh. „Das war furchtbar für die Mädchen.“ Und auch am eigenen Leib hat Lichius schon Erfahrungen gemacht, als sie vergangenes Jahr mit gebrochenem Bein über Stockwerke humpeln musste.
30 Kinder zwischen 2 und 18 Jahren betreut das Kinderheim Waldesruh aktuell. Dabei handelt es sich nicht um Vollwaisen, sondern häufig um Kinder aus sozial benachteiligten Familien oder solche mit diversen familiären Problemen. Teils geht eine Inobhutnahme des Jugendamtes voraus, um ein Kind vor Missbrauch, Misshandlung oder Vernachlässigung zu schützen. Manche Eltern sind im Gefängnis, drogensüchtig oder schwer krank. Aber auch Kinder mit sozialen oder schulischen Schwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten, die aus unterschiedlichen Gründen im sozialen Gefüge ihres Umfeldes nicht klarkommen, finden einen Platz in der Jugendhilfeeinrichtung. „Manchmal werden die Kinder aber auch tatsächlich zu Vollwaisen, während sie hier sind“, sagt Lichius. Einige bleiben nur wenige Tage, andere viele Jahre.
Grundsätzlich ist das Ziel, die Kinder zurück in die Familien zu bringen – in ihre eigene oder eine Pflegefamilie. Deswegen kooperiert das Heim eng mit Ärzten, Psychologen, dem Jugendamt, weiteren Behörden und mit den Eltern. Einige Kinder aber kehren nie zurück. Das Heim wird ihr Zuhause, von hier aus besuchen sie die Schule, erlernen Berufe und starten in ein eigenständiges Leben.
Kein Wunder, dass die Kinder, die in der Dausenauer Einrichtung ankommen, häufig voller Ängste, Frustrationen oder Aggressionen sind. Rund 30 Mitarbeiter kümmern sich 24 Stunden am Tag auch darum, dass die jungen Menschen ihre Probleme aufarbeiten, soziale Kompetenzen entwickeln und ihre Persönlichkeit entfalten – alles in enger Zusammenarbeit mit Therapeuten und Fachkräften sowie Behörden. „Da geht natürlich im Alltag auch einiges zu Bruch“, erzählt Lichius. „Türen, Möbel, Einrichtungsgegenstände, Spielzeug“ müssen hin und wieder erneuert werden.
Die idyllische Lage der Waldesruh mitten im Grünen hilft bei der Zerstreuung. Aber bei schlechtem Wetter wird es mit 30 Kindern im Haus häufig eng. Sie brauchen viel Bewegung, haben sie nicht die Möglichkeit, neigen sie dazu, andere zu ärgern und zu provozieren. Dann werden die Räumlichkeiten zu eng, um sich aus dem Weg zu gehen und die Energien abzubauen. Deswegen wünschen sich die Geschwister Lichius einen Tobe-Raum mit Kletterwand und anderen Aktions- und Bewegungsmöglichkeiten.
Natürlich gibt es für jedes Kind, das die Geschwister aufnehmen, ein Leistungsentgelt vom Staat. Davon werden Betreuung und Verpflegung finanziert, Kleidergeld gibt’s extra. Je besser Tanja Lichius haushaltet, desto mehr bleibt für Freizeitaktivitäten wie Schwimmbadbesuche übrig. Unterstützung findet das Haus bei vielen Vereinen, die die Waldesruh-Kinder mit offenen Armen aufnehmen. „Uns ist es wichtig, dass die Kinder integriert sind und kein Heimstempel aufgedrückt wird.“
Scharf rechnen muss Lichius aber immer – und ohne die zusätzliche Unterstützung und Spenden von Unternehmen, Stiftungen oder Privatleuten wäre vieles nicht möglich. Die Bad Emser Calc-Limax-Stiftung zum Beispiel finanziert seit Oktober mit einer festen Zuwendung Hobbys, die mehr kosten als ein Mitgliedsbeitrag – etwa Klavierunterricht, Tennis oder Selbstverteidigung. Auch HELFT UNS LEBEN möchte die Arbeit der Geschwister Lichius unterstützen und den Kindern helfen, einen guten Weg in ihr Leben zu finden.
Wer HELFT UNS LEBEN und das Sozialpädagogische Haus Waldesruh unterstützen möchte, kann spenden. Die Bankverbindung lautet: HELFT UNS LEBEN, Sparkasse Koblenz, BIC
Foto: HELFT UNS LEBEN möchte das Kinderheim der Geschwister Mike und Tanja Lichius (links) unterstützen. Aus diesem Grund trafen sich die HELFT-UNS-LEBEN-Vorsitzende Manuela Lewentz-Twer (2. von rechts) und Geschäftsführer Hans Kary (rechts) mit den Heimleitern sowie Dirk Wiedenhues (3. von rechts) und Andrea Dillmann von Keitz von der Bad Emser Calc-Limax-Stiftung, die den Kontakt zur Initiative unserer Zeitung aufgenommen hatten. Foto: Michaela Cetton