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Das Tagebuch eines pflegenden Partners


Bad Sobernheim. 2,5 Millionen pflegende Angehörige sind Tag und Nacht für ihre Lieben im Einsatz – etwa Gerd Stiwitz (65) aus Bad Sobernheim. In einem 73-seitigen Tagebuch hat er seine Gedanken, seinen Alltag festgehalten – überschrieben ist der kleine blaue Einband mit „…und dann bist du nur ein Kostenfaktor“.

Es setzt am 4. Juli 2015 ein, an dem Tag, an dem seine Frau Heidi (58) ein Aneurysma (geplatzte Schlagader im Gehirn) und wenige Tage später einen schweren Schlaganfall erlitt. Ihre rechte Hirnseite ist daraufhin paralysiert, nur mühsam gelingt der Neustart. Von der ersten Sekunde an ist Gerd an ihrer Seite, pflegt sie aufopferungsvoll und hilft ihr zurück ins Leben, unterstützt von hauptberuflichen Pflegern und Therapeuten. Seine Teilhaberschaft an einem Sobernheimer Fitnessstudio mit Jürgen Loch hat er längst aufgeben, um ganz für seine Heidi da zu sein. Die Idee, das Erlebte mit Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen und Kostenträgern niederzuschreiben, kam dem gelernten Schriftsetzer schon recht früh: „Sie entstand in der ersten Zeit von Heidis Erkrankung. Abends war ich fix und fertig, suchte nach einer Möglichkeit, zu verarbeiten, was ich erlebt habe, und das ist eine ernüchternde, eine erschütternde Ansammlung“, beschrieb er im Gespräch mit dem „Oeffentlichen“ bereits im Februar seine Empfindungen. Damals suchte er nach einem Kleinverlag, hat ihn mit Michael Müller (Special Print) in Kirn gefunden. Nächste Woche ist das Buch fertig. Dr. Willi Grüntgens, sein Sobernheimer Freund und Lektor, hat ihn beraten und auch das Vorwort verfasst.

Schon die Titel- und Rückseite mit der Ankündigung, das Tagebuch zu veröffentlichen, hat auf Facebook eine erneute Welle der Sympathie ausgelöst. 172 sogenannte „Likes“ hat er bekommen, alle wollen sie ein Tagebuch haben. Gut, denn knapp 700 Euro wird die erste Auflage (200 Exemplare) kosten. Gerd Stiwitz gibt die Tagebücher zum Selbstkostenpreis ab, weiß sich schon seit Jahren von engagierten Organisationen begleitet, beispielsweise von der Kirner Bürkle-Stiftung um Gudrun und Walter Wiest oder der Soonwaldstiftung um Herbert Wirzius sowie den Nachbarn, Freunden und Bekannten, die schon mal spontan vor der Haustür stehen und sie mit einer guten Gabe überraschen. Vom 1. bis 14. September reisen Heidi und Gerd wieder in die slowakische Adeli-Klinik, werden dort eine der besten therapeutischen Behandlungen erfahren. „Helft uns leben“, die Organisation unserer Zeitung, unterstützt das Ehepaar bereits zum zweiten Mal. Damit nicht genug: Freunde aus Bad Sobernheim um Ralf Erbach organisieren ein Benefizkonzert für Heidi und Gerd: am 2. November im Kaisersaal der Felkestadt. Auftretende Band: Goldrush aus dem Raum Trier.

Foto: Der Alltag eines pflegenden Angehörigen: Gerd Stiwitz aus Bad Sobernheim hat ein Tagebuch über sein Leben nach dem 4. Juli 2015 geführt und veröffentlicht es nächste Woche. Hinten: seine erkrankte Frau Heidi. Foto: Stefan Munzlinger