Ein Idyll für Kinder mitten im zerstörten Ahrtal: Ortstermin mit Ministerbesuch im von HELFT UNS LEBEN ermöglichten Waldkindergarten in Rech
Ahrtal. Welch ein Idyll! Die Juni-Sonne scheint, Kinder spielen unter Obstbäumen. Der Pizzaofen raucht noch, die Trinkflaschen stehen im Stuhlkreis aufgereiht, und in der Ferne schweift der Blick über die sattgrünen Weinberge des Ahrtals hinweg zur Saffenburg.
Ortstermin am Ortsrand von Rech: HELFT UNS LEBEN, die Benefizaktion der Rhein-Zeitung und ihrer Heimatausgaben, hatte dort aus Spendenmitteln für mehr als 100.000 Euro die Anschaffung eines speziell ausgestatteten Bauwagens ermöglicht, der nach entsprechender Genehmigung durch die zuständigen Behörden als Quartier eines Waldkindergartens dient (wir berichteten mehrfach). Manuela Lewentz-Twer, Vorsitzende von HELFT UNS LEBEN, war schon kurz nach der verheerenden Flut im Tal im Juli 2021 auf den Ort aufmerksam geworden und hatte das Projekt in die Wege geleitet. „Wenn man heute hier steht, dann glaubt man kaum, wie dank vieler Helfer in so kurzer Zeit etwas so Schönes geschaffen werden konnte“, betonte die Vorsitzende jetzt beim Ortstermin.
In der Tat: Vor zwei Jahren fand man dort, wo heute der Wagen steht und der Ofen dampft, nur Schlamm, Schrott und Geröll. Heute bietet der Waldkindergarten etwa 15 Kindern eine im Umkreis einzigartige Betreuungsmöglichkeit. „Die meisten Kinder kommen aus Ahrweiler“, berichtet Ulrike Scheel vom Kinderschutzbund. Scheel hatte 2021 als Kontaktperson fungiert und ist dem Kindergarten bis heute sehr verbunden. Als Betreiber fungiert der Kinderschutzbund heute gemeinsam mit den Johannitern.
„Dies ist ein Beispiel für den Wiederaufbau, das Mut macht.
Wir müssen den Kindern und ihren Familien weiter sehr genau zuhören.“
Innenminister Michael Ebling (SPD) beim Ortstermin in Rech
Auch dies ist eine keineswegs gewöhnliche Konstellation, wie der zum Ortstermin Gast sofort bemerkt. Innenminister Michael Ebling (SPD). „Ich finde das sehr bemerkenswert, dass hier zwei Organisationen ihre jeweiligen Einzelinteressen hintenangestellt haben, um gemeinsam etwas Neues auf die Beine stellen zu können“, betont er. Als altgedienter Kommunalpolitiker – Ebling war lange Jahre Oberbürgermeister von Mainz – weiß er, wovon er spricht.
Die Betriebsgenehmigung für die Wald-Kita ist zunächst auf fünf Jahre erteilt. Fünf Jahre, in denen im Ahrtal hoffentlich zunehmend wieder das Einzug halten wird, was die Menschen am meisten ersehnen: Normalität. Es hat sich viel getan, das sieht man auf der Fahrt nach Rech. Aber noch mehr ist weiterhin zu tun.
Das sichtbarste Symbol dafür ist die zerstörte Nepomukbrücke, die man vom Kindergarten aus sieht, wenn man sich auf die Zehenspitzen stellt. Noch, knapp zwei Jahre nach der Flut, ist längst nicht alles normal im Tal. Darauf zielt auch Eblings nächster Satz ab: „Über die Kinder erfährt man auch manches über ihre Familien und wie es ihnen im Alltag geht. Wir müssen den Kindern und ihren Eltern weiter sehr genau zuhören.“
HELFT UNS LEBEN hat neben dem Bauwagen in Rech, der ein Sonderprojekt war, bis Weihnachten 2021 400 Familien im Tal mit jeweils 10.000 Euro Soforthilfe unterstützen können. „Das alles geschah in ehrenamtlicher Arbeit. Jeder Cent kam sehr schnell dort an, wo er gebraucht wurde“, betont Manuela Lewentz-Twer. Die unterstützten Familien kauften seinerzeit beispielsweise neue Heizungen oder neuer Fenster oder bezahlten die allernötigsten Handwerkerrechnungen.
„Wenn man heute hier steht, mag man kaum glauben,
wie dank vieler Helfer in kurzer Zeit etwas so Schönes geschaffen werden konnte.“
Manuela Lewentz-Twer, Vorsitzende von HELFT UNS LEBEN
Über ein weiteres Sonderprojekt förderte HELFT UNS LEBEN den Wiederaufbau der historisch bedeutsamen Fachwerkhäuser im Tal. „Wir werden auch weiterhin unterstützen und helfen, wo wir gebraucht werden“, versprach Lewentz-Twer in Rech.
In der Zwischenzeit sind die Kinder in Rech gut betreut und erkunden jeden Tag ihre Umgebung. Mal geht es in einem zweistündigen Ausflug zur Saffenburg, mal geht es tatsächlich in den Wald, mal werden die neben dem Bauwagen in Hochbeeten wachsenden Salatköpfe einer genaueren Betrachtung zugeführt. „Wir sind mittlerweile auf alles eingerichtet. Nur bei sehr starkem Regen oder bei strengem Frost – einmal hatten wir minus 13 Grad – bleiben wir hier“, berichtet Erzieher Mathias Heeb.
Zum Abschluss gab es für jedes Kind noch einen HELFT-UNS-LEBEN-Stoffbären. Die Plüschtiere wurden sofort ins Geschehen integriert, wie die Erwachsenen aus den Augenwinkeln feststellen konnten: Durch die Tunnelrutsche auf dem Außengelände flog auf einmal zunächst ein Bär, der glückliche kleine Besitzer kam hinterher. „So ist das bei uns. Alles schnell und unkompliziert“, lachte Mathias Heeb. Auch wenn im Ahrtal weiterhin noch viel zu tun sein wird – für seine schützenswertesten Bewohner, seine Kinder, ist der Wiederaufbau in Rech erkennbar gelungen. „Ein Beispiel, das Mut macht“, so Ebling zum Abschied.