Koblenz. Moderne Töne für eine moderne Armee: Das wünschte sich Verteidigungsminister Helmut Schmidt, als er in den Jahren 1970 und 1971 die Gründung der Big Band der Bundeswehr in die Wege leitete. Auch heute, 50 Jahre nach der Vorstellung der ersten Formation, zeigen auch die heutigen Aktiven immer wieder, dass sie zur internationalen Spitze gehören. Verstärkt durch drei hervorragende Sänger, bescherte die „musikalische Geheimwaffe“ der Republik vielen Koblenzern einen unvergesslichen Abend am Eck.
Nach dem zweieinhalbstündigen Konzert, das mit Leonard Cohens „Hallelujah“ und lateinamerikanischen Klängen zu Ende ging, hatten die zufriedenen Zuhörer die vergangenen, mitunter zermürbenden Monate fast vergessen. Die professionelle Show vor dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal brachte ein Stück Normalität. Die Videosequenzen und Projektionen ließen viele nicht an den Alltag denken. Nicht vergessen waren dagegen die Flutopfer an der Ahr, denen dieser besondere Abend gewidmet war.Veranstalter war der Rotary Club Koblenz, die Schirmherrschaft über das Konzert mit 500 zahlenden Gästen hatten der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner und Oberbürgermeister David Langner übernommen. Beide konnten sich schon zu Beginn des Abends darüber freuen, dass allein über den Kartenverkauf 15 000 Euro eingenommen worden waren. Dazu kamen weitere Spendengelder in vierstelliger Höhe.
Das Geld kommt HELFT UNS LEBEN, der Hilfsinitiative unserer Zeitung, und dem Sozialwerk der Bundeswehr zugute. Beide werden dafür sorgen, dass das Geld ohne Abzüge bei Bedürftigen ankommt. Diese Perspektive stimmte auch die Akteure auf der Bühne freudig. Ihr nur von einer Minipause unterbrochener Auftritt sprühte vor Lebensfreude. Was gespielt wurde? So ziemlich alles, was anspruchsvolle populäre Musik heute zu bieten hatte. Los ging es allerdings ganz klassisch mit drei Welterfolgen von Glenn Miller, darunter das obligatorische „In The Mood“, was durchaus als Absichtserklärung der Band verstanden werden kann.
Die in Euskirchen stationierte „Geheimwaffe“ ist stets in Stimmung. Sie spielt meist für den guten Zweck, hat in den fünf Jahrzehnten ihres Bestehens Millionenbeträge eingespielt, und auch wenn die Musiker dienstzeitbedingt wechseln, ist die karitative Ausrichtung erhalten geblieben. Für den Auftakt mit Glenn Miller gab es aber noch einen anderen Grund. Er stand wie kein anderer für den Wunsch, im Swing neue Wege zu gehen. Und diese neuen Wege beschreiten auch Bundeswehr-Bandleader, Fregattenkapitän Timor Oliver Chadik, und seine Mannen. Die spielen nicht nur einfach nach, sondern arrangieren völlig neu. So wird aus der berühmten Filmmusik von „Rocky“ ein Duell für zwei Schlagzeuger mit Flammeneffekten. Ein anderes Beispiel: Stings „Fragile“ wurde zum großen Auftritt der Sängerin Susan Albers verwandelt. Deren Sangeskollegen Jemma Endersby und Marco Paulo Matias gaben der Show die internationale Note, da wird auch mal in Portugiesisch oder Spanisch gesungen. Die Solisten weichen mit ihren Instrumenten gekonnt von dem ab, was man eigentlich von einer Big Band erwartet. Da stimmen Anleihen an die Erfolgsband Santana oder mexikanische Folklore nicht befremdlich, sondern werden zum willkommenen Erlebnis.
Ein Erfolgsrezept der Big Band ist sicherlich, dass das Programm so zusammengestellt wird, dass für jeden etwas dabei ist. Und da dürfen die Erfolge der Beatles oder von Stevie Wonder nicht fehlen. Fazit: ein rundum gelungener Abend, der von Perfektion geprägt war. Es blieb eine Frage: Warum war kein Stück in deutscher Sprache dabei?
Foto: Musikalische Perfektion und spektakuläre Projektionen waren die Markenzeichen des denkwürdigen Abends am Eck. Foto: Reinhard Kallenbach