Dausenau. Zwei Monate lang haben die 30 Kinder und Jugendlichen im Sozialpädagogischen Haus Waldesruh in Dausenau während des Lockdowns völlig abgeschottet von der Außenwelt zugebracht. Keine Schule, kein Besuch bei Freunden, kein Stadtbummel, kein Sport im Verein. Mit Familienmitgliedern waren die drei- bis 20-jährigen Bewohner der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung nur über Videokonferenzen in Kontakt. Jede Möglichkeit, in dieser besonderen Situation mal Dampf abzulassen und Abwechslung zu erleben, war hochwillkommen. Gut, dass der neue Tobe-Raum mit Kletterwand und anderen Aktions- und Bewegungsmöglichkeiten gerade rechtzeitig fertig geworden war. Finanziert hat ihn HELFT UNS LEBEN, die Initiative unserer Zeitung für Menschen in Not.
Hell, freundlich und bunt ist der große Raum, der ganz und gar darauf ausgelegt ist, dass man sich darin mal richtig auspowern und viel Spaß haben kann. An den Griffen an der Decke kann man sich entlanghangeln, auf einem Ball geradezu durch den Raum schweben, man kann schaukeln oder den Boxsack mal die Fäuste spüren lassen. Der Boden besteht komplett aus weichen Matten, sodass sich niemand wehtut, wenn er abstürzt oder wenn man darauf miteinander rangelt. „Die Kinder haben tierischen Spaß hier drinnen“, sagt Tanja Lichius, die das Haus Waldesruh mit ihrem Bruder Mike leitet. Für die kleineren ihrer Schützlinge gibt es eine vielfältig nutzbare Bewegungslandschaft, auf der man klettern und balancieren lernen kann, ohne Gefahr zu laufen, tief zu fallen. Aber auch jene, die motorische Defizite haben, können davon profitieren. Eine Ergotherapeutin nutzt die neuen Möglichkeiten bei ihrer Arbeit mit den Kindern in der Dausenauer Einrichtung.Die jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung werden von den neuen Bewegungsmöglichkeiten profitieren. Davon ist Tanja Lichius fest überzeugt. „Sie haben mir damit einen Traum erfüllt“, sagt sie unumwunden, als Manuela Lewentz-Twer, Vorsitzende von HELFT UNS LEBEN, und Geschäftsführer Hans Kary besichtigen, was mit Finanzierung durch die Initiative unserer Zeitung möglich geworden ist. Der Besuch vor Ort war wegen der zeitweise strengen Corona-Auflagen bis in den August verschoben worden. Als ausgebildete Motopädin weiß Einrichtungsleiterin Tanja Lichius, dass Bewegung in vielerlei Hinsicht auch positiv auf Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen der Wahrnehmung und anderen Auffälligkeiten wirken kann.
Wie im Falle des Tobe-Raums sind Tanja und Mike Lichius für jede Unterstützung von außen dankbar. Als die Schulen wegen Corona geschlossen hatten und die Kinder am Fernunterricht teilnahmen, fehlte es beispielsweise an ausreichend EDV-Ausstattung. „Spender haben uns einige Laptops für den Heimunterricht finanziert“, sagt Mike Lichius. Auch einen leistungsfähigen Drucker habe man mit Hilfe von Spenden angeschafft, um die Arbeitsblätter für alle Schulpflichtigen unter den 30 Waldesruh-Bewohnern auszudrucken. Sollten aber im Laufe des neuen Schuljahres steigende Infektionszahlen dazu führen, dass der Präsenzunterricht wieder längere Zeit ausfällt, reiche die Zahl der vorhandenen Laptops wohl nicht aus.Grundsätzlich ist das Ziel des Sozialpädagogischen Hauses, die Kinder zurück in die Familien zu bringen – in ihre eigene oder eine Pflegefamilie. Nicht immer ist das möglich. Während manche zwei bis drei Jahre in der Waldesruh unterkommen, gibt es auch einige, die seit mehr als zehn Jahren in der Obhut von Tanja und Mike Lichius sowie den 30 Betreuern der Einrichtung sind. Um diesen den Übergang in die Selbstständigkeit zu erleichtern, wenn sie eine Ausbildung oder ein Studium beginnen, hofft das Geschwisterpaar, eines Tages auch Appartements auf dem Waldesruh-Gelände einrichten zu können. So könnten die jungen Erwachsenen eigenständig leben und gleichzeitig den engen Kontakt zu den über Jahre vertrauten Bezugspersonen aufrechterhalten.
„Wenn die Kinder die Möglichkeit haben, in der Nähe zu bleiben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie ihre Ausbildung abschließen und den Führerschein machen“, sagt Mike Lichius. Seine Schwester erzählt von einer jungen Frau, die in der Waldesruh zu Hause war, eine Wohnung in der Nähe gefunden hat und nun eine Ausbildung absolviert. „Sie kommt jeden Abend hierher und hat Redebedarf“, sagt Tanja Lichius. Aber auch für minderjährige Mütter mit ihren Kindern wäre ein Appartement in der Dausenauer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung das ideale Umfeld.
Wer HELFT UNS LEBEN und das Sozialpädagogische Haus Waldesruh unterstützen möchte, kann spenden. Bankverbindung: HELFT UNS LEBEN, Sparkasse Koblenz, IBAN DE72 5705 01 20 0000 0013 13
Foto: Kinder und Jugendliche des Kinderheims Waldesruh haben ihre Dankbarkeit für den neuen Tobe-Raum auf einem Plakat zum Ausdruck gebracht, das die Geschwister Mike und Tanja Lichius den Gästen von HELFT UNS LEBEN bei der Besichtigung der Einrichtung zeigen. Vorsitzende Manuela Lewentz-Twer (links) und Geschäftsführer Hans Kary (rechts daneben) sind begeistert von der Ausstattung des Tobe-Raums. Foto: Carlo Rosenkranz