Kaifenheim. Jonas Kaiser ist richtig gut gelaunt, seine Eltern sind stolz. Der 16-Jährige hat gerade erfahren, dass er einen Ausbildungsplatz in der Verbandsgemeindeverwaltung in Kaisersesch sicher hat. Jonas hat im Praktikum überzeugt, richtig los geht es aber erst in einem Jahr. Bis dahin besucht der Kaifenheimer die zehnte Klasse der Realschule plus in Kaisersesch. Die Noten sind gut, die Zukunft scheint rosig. Und obwohl Jonas Kaiser mit der Zusage eines Ausbildungsplatzes schon einen Schritt weiter sein mag als viele seiner Mitschüler, fallen dem 16-Jährigen viele Wege schwer.
150 Kilogramm wiegt der flotte elektrische Rollstuhl, der dem Kaifenheimer zu Hause und unterwegs Bewegungsfreiheit ermöglicht. Jonas Kaiser hat eine Muskelerkrankung, das Laufen fällt ihm schwer, auch die Lunge arbeitet nicht so, wie sie soll. Seine Situation verschlechterte sich in den vergangenen Jahren, seine Eltern Alexander und Bettina Kaiser nahmen viel Geld in die Hand, um das Eigenheim den Bedürfnissen anzupassen. Doch fiel es dem 16-Jährigen zunehmend schwer, die Treppe zu seinem Zimmer zu überwinden. „Wenn ich abends müde war, musste mich jemand tragen“, sagt Jonas Kaiser. Eine für einen 16-Jährigen und seine Familie unhaltbare Situation. Bettina Kaiser wendet sich im März an den Verein HELFT UNS LEBEN, eine Initiative der Rhein-Zeitung. „Wir hatten über einen Aufzug nachgedacht, aber unser Haus ist dafür einfach nicht geeignet“, blickt Alexander Kaiser zurück. Ein Treppenlift ermöglicht es Jonas Kaiser nun, sein Zimmer zu erreichen, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Die Krankenkasse beteiligt sich mit 4000 Euro, den größeren Anteil übernimmt HELFT UNS LEBEN. „Irgendwann stoßen Familien an ihre Grenzen, da greift dann unsere Vereinsarbeit“, sagt Anne Schattner. Jonas Kaiser schwingt sich aus seinem Rollstuhl auf den Sitz des Treppenlifters, der sich auf Knopfdruck in Bewegung setzt. „Ein wenig langsam ist das Ding schon“, scherzt der 16-Jährige, der mit seinem elektrischen Rollstuhl gerne etwas schneller unterwegs ist.
Zu seiner Ausbildungsstelle wird der Kaifenheimer, wie derzeit zu seiner Schule, mit dem Taxi fahren. Dass für ihn selbstverständliche Dinge wie der Schulbesuch in einer Regelschule möglich sind, dafür musste die Familie oft kämpfen. Glück hatte sie allerdings in Kaisersesch, „die Schule ist vorbildlich, was Inklusion angeht“, sagt Bettina Kaiser. Pünktlich zur Einschulung von Jonas wurde zum Beispiel ein Aufzug gebaut. Manche Dinge machen Jonas Kaiser aber auch das Leben schwer. In der neuen Turnhalle wurden nachträglich Gelenke eingebaut, damit sich die Türen automatisch schließen. „Die bekomme ich jetzt aber auch nicht mehr auf“, sagt der 16-Jährige und schüttelt mit dem Kopf. Leichter ist da mittlerweile der Weg in den Jugendraum. Eine selbst gebaute Rampe reicht aus, damit Jonas Kaiser auch dort selbstbestimmt und fast ohne Hilfe seine Zeit mit Freunden verbringen kann.
Foto: Jonas Kaiser aus Kaifenheim mit seinen Eltern Alexander und Bettina sowie Anne Schattner (rechts) vom Verein HELFT UNS LEBEN. Foto: Kevin Rühle